Celtic Travel: The Ullapool Guitar Festival 2006

von T. 11.10.2006




Hallo liebe Freunde der keltischen Gitarrenmusik,

das eine oder andere Mal habe ich vielleicht schon erwähnt, dass ich die Sachen von Andrew White sehr genial finde. So genial, dass das Abhören und Nachspielen seiner Songs einen nicht unerheblichen Anteil meiner Frei- und Saitenzeit in Anspruch nimmt. Was also läge näher, als sich das Ganze mal live und in Farbe anzusehen? Seine diesjährigeTournee sollte mir die Gelegenheit dazu bieten – und was kann schließlich genialer sein, als Celtic Fingerstyle im Herzen Schottlands live zu sehen? Über seine Webseite bin ich also auf das diesjährige Ullapool Guitar Festival gestoßen, welches vom 6. bis 8. Oktober stattfand. Ursprünglich wollte ich mir nur ein einziges Konzert anschauen, aber als ich gesehen habe dass einen Tag vorher Thomas Leeb spielen würde ist mir die Entscheidung nicht schwergefallen, etwas eher in den hohen Norden Europas vorzustoßen.

Das Festival findet traditionell im Ullapool Royal Hotel statt. In der Lounge tummelten sich bereits die verschiedenen Aussteller, unter Anderem Guitarsguitars mit den neuesten Taylor-Modellen. Prächtige Gelegenheit also, die neue GS mal anzuspielen. Gefährlich nur, wenn man sie von einem geschäftstüchtigen Schotten in die Hand gedrückt bekommt „...we also accept credit cards as well“. Zum erstem Mal konnte ich die Maton-Gitarren ausprobieren, die in Deutschland sehr wenig verbreitet sind. Also flink vor Konzertbeginn das Tommy-Emanuelle-Modell, eine OM und die legendäre Messiah angezupft. Schließlich war ich ja nicht zum Gitarretesten da, sondern zum Gitarre hören und sehen.

Am ersten Tag eröffnete Gareth Pearson den Reigen der Stahlsaitenzupfer. Angekündigt wurde er als „der Schüler von Tommy Emanuelle“, und dem machte er auch alle Ehre! Der Bursche ist grad mal 18 Jahre und fegt über die Saiten wie kein anderer, oder halt wie der Meister selbst. Teilweise mochte man meinen, Ray Davies oder Chet Atkins stehen persönlich auf der Bühne. Dazu ein flotter Spruch in den wenigen kurzen Pausen, ein Musiker braucht halt auch entertainerische Qualitäten. Nach ihm betrat Thomas Leeb die Bühne, der seinen Gig seinem Freund und Kollegen Eric Roche widmete. Außerdem berichtete er davon, dass er einen Tag zuvor in einer Strafvollzugsanstalt ein Konzert gegeben hätte „...so I had a very captured audience“. Das Publikum an diesem Abend hatte er mit seiner lockeren Art und seiner unvergleichlichen Slap-, Tap- und Strumtechnik jedenfalls sofort auf seiner Seite. Besonders genial waren die Stücke „Albino“ und „The Hard Can“, die er für sein neues Album aufgenommen bzw. remixt hatte.

Paul Buckley und John Goldie im Anschluss habe ich nicht gesehen, aber die jazzlastigen Klänge, die zusammen mit einigen Besuchern aus dem Konzertsaal schwappten, sagten mir dass es zumindest für mich nicht allzu viel zu verpassen gab. Stattdessen startete ich eine wissenschaftliche Untersuchung der Bestände an traditionellen schottischen Nationalgetränken der angrenzenden Bar. Bei der Gelegenheit konnte ich auch Thomas Leebs neue Lowden anspielen, ein Hammergeschoss aus Sitkafichte, Vogelaugenahorn und Ebenholz. Ich war jedenfalls froh mal mit jemandem Deutsch reden zu können, denn schottischen Dialekt verstehen zu wollen ist auf Dauer recht anstrengend. Die Studie zog sich dem Angebot entsprechend in die Länge, zumal jeder zweite Besucher der Bar selbst Gitarrenspieler war und man für die kurze Strecke bis zur Tür schon mal eine halbe Stunde brauchen konnte. Gerade rechtzeitig kam ich also wieder in den Konzertsaal, um noch ein paar Bilder von John Etheridge schießen zu können. Danach hieß es umgehend Rückkehr in die Bar, denn dort stieg die anschließende Fete, die bis spät in die Nacht andauern sollte.

Mit einem leichten Geweih pellte ich mich also dementsprechend am nächsten Tag mitten in der Nacht gegen 11.30 Uhr aus den Federn, um wenigstens noch einen der angekündigten Workshops im Macphail-Center mitnehmen zu können. Da ich keine Gitarre dabei hatte beschränkte sich meine Tätigkeit also auf´s Zusehen und Zuhören und natürlich das Fotografieren. Mehr hätte ich auch nicht geschafft, und dass ich den Workshop überhaupt überlebt habe verdanke ich hauptsächlich Gareth Pearson´s Vater, der mich in mitfühlender Weise mit einer ausreichenden Menge Kaffe versorgt hat. Zumindest war ich anschließend so weit fit, mich an einen der kleineren Bar-Gigs zu wagen, die in vier verschiedenen Pubs quer durch den ganzen Ort verteilt stattfanden.

Der zweite Tag sollte der Höhepunkt werden, was auch der Tatsache geschuldet war dass ich aufgrund meiner Fluganbindung den dritten Tag nicht mehr mitnehmen konnte. Außer den Musikern stand die Verlosung einer Tanglewood Dreadnought und die Auktion einer nagelneuen Avalon auf dem Plan. Los ging es aber mit der John Smith Band, die eine unbeschreiblich sphärische Mischung aus Fingerstyle und Blues spielten. Die Stimme klang dabei rauh und herzlich wie schottischer Bowmore-Whiskey. Nach den beiden folgte Woody Man, der einen sehr professionellen Stil zwischen Blues und Jazz an den Tag legte. Gute Gelegenheit für mich, nochmal Fotos von den Gitarren in der Lounge zu machen und zu prüfen, ob sich die Bar noch an der gleichen Stelle befand wie am Vorabend.

Nach der Verlosung der Tanglewood-Gitarre war es dann soweit: Andrew White himself betrat die Bühne. Der Mann klingt live exakt wie auf seinen Alben, jeder Ton sitzt und seine Stimme ist einfach unvergleichlich. Sein Repertoire lief quer durch alle seine Alben, zusammen mit unveröffentlichen Materialien brachte er sein Set mit dem unvergleichlichen „Greenstone Waters“ zum Abschluss. Anschließend wurde die gestiftete Avalon-Gitarre versteigert, das gute Stück wechselte für schlappe 800 Pfund den Besitzer (sie soll neu um die 1100 Pfund kosten). Die Stimmung kam auf den Höhepunkt, als Beppe Gambetta mit seiner italienisch charmant-schelmischen Art das Publikum in seinen Bann zog. Flatpicking ist sein Ding, definitiv, und da ich ihn zum aller ersten Mal gehört und auch gleich live gesehen habe blieb ein unvergesslicher Eindruck von einem außergewöhnlichen Musiker.

Im Anschluss versammelten sich alle wieder in der Bar, wo die Jam-Sessions stiegen. Die Versorgung mit Nationalgetränken ist in Schottland am Sonnabend nur bis 0 Uhr gesichert, danach darf nichts mehr an Auswärtige ausgeschenkt werden. Dementsprechen bildeten sich also Menschentrauben um die Besucher mit den roten resident´s keys – wohl dem, der sich zu helfen weiß.

An dieser Stelle soll mein herzlicher Dank an Richard Linsey und seine Mannen gehen, die sich mit gerade zu rührendem Engagement um das Gelingen des Festivals und das Wohl der Teilnehmer gekümmert haben. Richard war teilweise bei den Ankündigungen der einzelnen Musiker fast so aufgeregt wie ein kleines Kind. Es ist schon unglaublich wie offenherzig und zugänglich die Schotten gegenüber dem crazy german with the impressive hat waren. Ich habe mit mindestens 50 verschiedenen Leuten bis spät in die Nacht erzählt, Gitarre gespielt, Whiskey getrunken und hatte am nächsten Morgen mein Notizbuch voll E-Mail-Adressen, an die ich Fotos von den Konzerten schicken soll.

Vielleicht bringe ich sie ihnen auch einfach mit – im nächsten Jahr...

Na denne, Gruß
der Tpunkt




Willkommen in den northern highlands!




Hier liegt das malerische Städchen Ullapool...




...eben dieses...




...1600 Einwohner, 200 Häuser, die Hälfte davon Pubs und Hotels...




...und ein toller Blick auf den fisherman´s harbour.




Aber back to topic now, schließlich sind wir nicht zum Vergnügen hier...




...auch wenn so manch einer schon mal den nötigen Ernst vermissen lässt. Aber davon später mehr.




Der Tatort: Das Ullapool Royal Hotel, Heimstatt des Ullapool Guitar Festival 2006.




Zu einem Gitarrenfestival gehören bekanntlich Gitarren...




...und davon gibt es hier reichlich. Zum Beispiel den Stand von Maton Guitars.




Die Post geht ab - Gareth Pearson in Aktion! Unglaublich, der Bursche ist grad mal 18 Jahre.




"This festival is also a festival of aczents." Thomas Leeb




John Etheridge - Jazz, Fusion und alles was das Herz begehrt.




Zwischen den Gigs noch schnell ein paar Tipps vom Chef persönlich eingeholt...




...und anschließend geht´s zur Jam-Session in die Bar.




Keine Müdigkeit vorschützen...




...am nächsten Tag in der Frühe geht es weiter mit den Workshops.




Abends natürlich wieder Musik, aber vorher nochmal schnell die neuen Taylors abgecheckt.




"We are the John Smith Band. Our drummer moved to Berlin, so we are now the John Smith Duo." John Smith




"Let´s play the Blues all night long."
Woody Man




Der glückliche Gewinner der nagelneuen Tanglewood-Gitarre




"We tune why we can." Andrew White




"Goin´ once - goin´ twice - gone!"
Die bildschöne Avalon hat einen neuen Besitzer!




"Flatpicking doesn´t mean looking for an apartement." Beppe Gambetta




Nach dem Konzert wieder Musike für alle.




Man trifft sich zum Fachsimpeln...




...oder einfach zum Rumblödeln.




In jedem Fall eine Super-Sause.




Tagsüber wird natürlich erstmal die Gegend erkundet. Es lohnt sich...




...eine Welt wie aus dem Märchenbuch...




...mit Landschaften wie hingemalt...




...wo am Ende des Regenbogens ein Topf voll Gold auf den Glücklichen wartet...




...und der Herrscher der Wälder regiert.




This must be fingerpicker´s heaven...




...und probieren geht ja bekanntlich über studieren
Cool




"If you can´t see the mountains it´s raining...




..and if you can see them it´s going to be rain."
(schottisches Sprichwort)




Zwei Jahreszeiten gleichzeitig sind hier keine Seltenheit.




Die Gegend ist jedoch nicht ganz ungefährlich. So ist beispielsweise tick das englische Wort für "Zecke". Wieder was gelernt Confused




Das Ganze erfordert natürlich eine sofortige Schreckbekämfpung.




So ein Mist - Berufsverkehr!




Schottische Logik ist einfach unschlagbar.




Leb wohl, du herrliches Schottland! Wann werden wir uns wiedersehen?