Hallo liebe Freunde der keltischen Gitarrenmusik,
das eine oder andere Mal habe ich vielleicht schon erwähnt,
dass ich die Sachen von Andrew White sehr genial finde. So genial, dass das
Abhören und Nachspielen seiner Songs einen nicht unerheblichen Anteil
meiner Frei- und Saitenzeit in Anspruch nimmt. Was also läge näher, als
sich das Ganze mal live und in Farbe anzusehen? Seine diesjährigeTournee
sollte mir die Gelegenheit dazu bieten – und was kann schließlich genialer
sein, als Celtic Fingerstyle im Herzen Schottlands live zu sehen? Über
seine Webseite bin ich also auf das diesjährige Ullapool Guitar Festival
gestoßen, welches vom 6. bis 8. Oktober stattfand. Ursprünglich wollte ich
mir nur ein einziges Konzert anschauen, aber als ich gesehen habe dass
einen Tag vorher Thomas Leeb spielen würde ist mir die Entscheidung nicht
schwergefallen, etwas eher in den hohen Norden Europas vorzustoßen.
Das Festival findet traditionell im Ullapool Royal
Hotel statt. In der Lounge tummelten sich bereits die verschiedenen
Aussteller, unter Anderem Guitarsguitars mit den neuesten Taylor-Modellen.
Prächtige Gelegenheit also, die neue GS mal anzuspielen. Gefährlich nur,
wenn man sie von einem geschäftstüchtigen Schotten in die Hand gedrückt
bekommt „...we also accept credit cards as well“. Zum erstem Mal konnte ich
die Maton-Gitarren ausprobieren, die in Deutschland sehr wenig verbreitet
sind. Also flink vor Konzertbeginn das Tommy-Emanuelle-Modell, eine OM und
die legendäre Messiah angezupft. Schließlich war ich ja nicht zum
Gitarretesten da, sondern zum Gitarre hören und sehen.
Am ersten Tag eröffnete Gareth Pearson den Reigen der
Stahlsaitenzupfer. Angekündigt wurde er als „der Schüler von Tommy
Emanuelle“, und dem machte er auch alle Ehre! Der Bursche ist grad mal 18
Jahre und fegt über die Saiten wie kein anderer, oder halt wie der Meister
selbst. Teilweise mochte man meinen, Ray Davies oder Chet Atkins stehen
persönlich auf der Bühne. Dazu ein flotter Spruch in den wenigen kurzen
Pausen, ein Musiker braucht halt auch entertainerische Qualitäten. Nach ihm
betrat Thomas Leeb die Bühne, der seinen Gig seinem Freund und Kollegen
Eric Roche widmete. Außerdem berichtete er davon, dass er einen Tag zuvor
in einer Strafvollzugsanstalt ein Konzert gegeben hätte „...so I had a
very captured audience“. Das Publikum an diesem Abend hatte er mit
seiner lockeren Art und seiner unvergleichlichen Slap-, Tap- und
Strumtechnik jedenfalls sofort auf seiner Seite. Besonders genial waren die
Stücke „Albino“ und „The Hard Can“, die er für sein neues Album aufgenommen
bzw. remixt hatte.
Paul Buckley und John Goldie im Anschluss habe ich nicht
gesehen, aber die jazzlastigen Klänge, die zusammen mit einigen Besuchern
aus dem Konzertsaal schwappten, sagten mir dass es zumindest für mich nicht
allzu viel zu verpassen gab. Stattdessen startete ich eine
wissenschaftliche Untersuchung der Bestände an traditionellen schottischen
Nationalgetränken der angrenzenden Bar. Bei der Gelegenheit konnte ich auch
Thomas Leebs neue Lowden anspielen, ein Hammergeschoss aus Sitkafichte,
Vogelaugenahorn und Ebenholz. Ich war jedenfalls froh mal mit jemandem Deutsch
reden zu können, denn schottischen Dialekt verstehen zu wollen ist auf
Dauer recht anstrengend. Die Studie zog sich dem Angebot entsprechend in
die Länge, zumal jeder zweite Besucher der Bar selbst Gitarrenspieler war
und man für die kurze Strecke bis zur Tür schon mal eine halbe Stunde
brauchen konnte. Gerade rechtzeitig kam ich also wieder in den Konzertsaal,
um noch ein paar Bilder von John Etheridge schießen zu können. Danach hieß
es umgehend Rückkehr in die Bar, denn dort stieg die anschließende Fete,
die bis spät in die Nacht andauern sollte.
Mit einem leichten Geweih pellte ich mich also
dementsprechend am nächsten Tag mitten in der Nacht gegen 11.30 Uhr aus den
Federn, um wenigstens noch einen der angekündigten Workshops im
Macphail-Center mitnehmen zu können. Da ich keine Gitarre dabei hatte
beschränkte sich meine Tätigkeit also auf´s Zusehen und Zuhören und
natürlich das Fotografieren. Mehr hätte ich auch nicht geschafft, und dass
ich den Workshop überhaupt überlebt habe verdanke ich hauptsächlich Gareth
Pearson´s Vater, der mich in mitfühlender Weise mit einer ausreichenden
Menge Kaffe versorgt hat. Zumindest war ich anschließend so weit fit, mich
an einen der kleineren Bar-Gigs zu wagen, die in vier verschiedenen Pubs
quer durch den ganzen Ort verteilt stattfanden.
Der zweite Tag sollte der Höhepunkt werden, was auch
der Tatsache geschuldet war dass ich aufgrund meiner Fluganbindung den
dritten Tag nicht mehr mitnehmen konnte. Außer den Musikern stand die
Verlosung einer Tanglewood Dreadnought und die Auktion einer nagelneuen
Avalon auf dem Plan. Los ging es aber mit der John Smith Band, die eine
unbeschreiblich sphärische Mischung aus Fingerstyle und Blues spielten. Die
Stimme klang dabei rauh und herzlich wie schottischer Bowmore-Whiskey. Nach
den beiden folgte Woody Man, der einen sehr professionellen Stil zwischen
Blues und Jazz an den Tag legte. Gute Gelegenheit für mich, nochmal Fotos
von den Gitarren in der Lounge zu machen und zu prüfen, ob sich die Bar
noch an der gleichen Stelle befand wie am Vorabend.
Nach der Verlosung der Tanglewood-Gitarre war es dann
soweit: Andrew White himself betrat die Bühne. Der Mann klingt live exakt
wie auf seinen Alben, jeder Ton sitzt und seine Stimme ist einfach
unvergleichlich. Sein Repertoire lief quer durch alle seine Alben, zusammen
mit unveröffentlichen Materialien brachte er sein Set mit dem
unvergleichlichen „Greenstone Waters“ zum Abschluss. Anschließend wurde die
gestiftete Avalon-Gitarre versteigert, das gute Stück wechselte für
schlappe 800 Pfund den Besitzer (sie soll neu um die 1100 Pfund kosten).
Die Stimmung kam auf den Höhepunkt, als Beppe Gambetta mit seiner
italienisch charmant-schelmischen Art das Publikum in seinen Bann zog.
Flatpicking ist sein Ding, definitiv, und da ich ihn zum aller ersten Mal
gehört und auch gleich live gesehen habe blieb ein unvergesslicher Eindruck
von einem außergewöhnlichen Musiker.
Im Anschluss versammelten sich alle wieder in der Bar,
wo die Jam-Sessions stiegen. Die Versorgung mit Nationalgetränken ist in
Schottland am Sonnabend nur bis 0 Uhr gesichert, danach darf nichts mehr an
Auswärtige ausgeschenkt werden. Dementsprechen bildeten sich also
Menschentrauben um die Besucher mit den roten resident´s keys – wohl
dem, der sich zu helfen weiß.
An dieser Stelle soll mein herzlicher Dank an Richard
Linsey und seine Mannen gehen, die sich mit gerade zu rührendem Engagement
um das Gelingen des Festivals und das Wohl der Teilnehmer gekümmert haben.
Richard war teilweise bei den Ankündigungen der einzelnen Musiker fast so
aufgeregt wie ein kleines Kind. Es ist schon unglaublich wie offenherzig
und zugänglich die Schotten gegenüber dem crazy german with the
impressive hat waren. Ich habe mit mindestens 50 verschiedenen Leuten
bis spät in die Nacht erzählt, Gitarre gespielt, Whiskey getrunken und
hatte am nächsten Morgen mein Notizbuch voll E-Mail-Adressen, an die ich
Fotos von den Konzerten schicken soll.
Vielleicht bringe ich sie ihnen auch einfach mit – im
nächsten Jahr...
Na denne, Gruß
der Tpunkt
Willkommen in den northern highlands!
Hier liegt das malerische Städchen Ullapool...
...eben dieses...
...1600 Einwohner, 200 Häuser, die Hälfte davon Pubs
und Hotels...
...und ein toller Blick auf den fisherman´s harbour.
Aber back to topic now, schließlich sind wir
nicht zum Vergnügen hier...
...auch wenn so manch einer schon mal den nötigen
Ernst vermissen lässt. Aber davon später mehr.
Der Tatort: Das Ullapool Royal Hotel, Heimstatt des
Ullapool Guitar Festival 2006.
Zu einem Gitarrenfestival gehören bekanntlich
Gitarren...
...und davon gibt es hier reichlich. Zum Beispiel den
Stand von Maton Guitars.
Die Post geht ab - Gareth Pearson in Aktion!
Unglaublich, der Bursche ist grad mal 18 Jahre.
"This
festival is also a festival of aczents." Thomas
Leeb
John Etheridge - Jazz, Fusion und alles was das Herz
begehrt.
Zwischen den Gigs noch schnell ein paar Tipps vom Chef
persönlich eingeholt...
...und anschließend geht´s zur Jam-Session in die Bar.
Keine Müdigkeit vorschützen...
...am nächsten Tag in der Frühe geht es weiter mit den
Workshops.
Abends natürlich wieder Musik, aber vorher nochmal
schnell die neuen Taylors abgecheckt.
"We
are the John Smith Band. Our drummer moved to Berlin, so we are now the
John Smith Duo." John Smith
"Let´s play the Blues all night long."
Woody Man
Der glückliche Gewinner der nagelneuen Tanglewood-Gitarre
"We tune why we can." Andrew
White
"Goin´ once - goin´ twice - gone!" Die bildschöne Avalon hat einen neuen Besitzer!
"Flatpicking
doesn´t mean looking for an apartement." Beppe
Gambetta
Nach dem Konzert wieder Musike für alle.
Man trifft sich zum Fachsimpeln...
...oder einfach zum Rumblödeln.
In jedem Fall eine Super-Sause.
Tagsüber wird natürlich erstmal die Gegend erkundet.
Es lohnt sich...
...eine Welt wie aus dem Märchenbuch...
...mit Landschaften wie hingemalt...
...wo am Ende des Regenbogens ein Topf voll Gold auf
den Glücklichen wartet...
...und der Herrscher der Wälder regiert.
This
must be fingerpicker´s heaven...
...und probieren geht ja bekanntlich über studieren
"If you can´t see the mountains it´s
raining...
..and if you can see them it´s going to be
rain." (schottisches
Sprichwort)
Zwei Jahreszeiten gleichzeitig sind hier keine
Seltenheit.
Die Gegend ist jedoch nicht ganz ungefährlich. So ist
beispielsweise tick das englische Wort für "Zecke". Wieder
was gelernt
Das Ganze erfordert natürlich eine sofortige
Schreckbekämfpung.
So ein Mist - Berufsverkehr!
Schottische Logik ist einfach unschlagbar.
Leb wohl, du herrliches Schottland! Wann werden wir
uns wiedersehen?
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