Polieren: Von seidenmatt zum Hochglanz
Hier: Larrivée L-03 R

 

In verschiedenen Gitarrenforen wird darüber diskutiert, wie man eine optisch eher schlichte Gitarre aufpeppen könne. Die Ideen reichen vom Austausch der Mechaniken oder nur der Knöpfe derselben über einen Austausch von Stegeinlage und Sattel oder ach der Saitenpins gegen solche aus Knochen, um Klang und Aussehen zu verbessern.
Die am weitesten reichende und vor allem nicht rückängig zu machende Maßnahme besteht wahrscheinlich darin, eine matt lackierte Oberfläche durch Polieren auf Hochglanz zu bringen. Die Idee hatte ich zwar auch schon früh, habe aber nie ernstlich daran gedacht, es auch auszuprobieren, bis ich dann die Berichte von verschiedenen Leuten las, die das probiert und durchaus ansehnliche Resultate erzielt haben.
Meine Larrivée L-03 R  hat (oder besser hatte) ab Werk matt lackierte Zargen und Boden. Da ich sie gebraucht erworben habe und sie sich allmählich als so eine Art Versuchskaninchen herausstellt, habe ich die letzten Reste von Bedenken über Bord geworfen und beschlossen, diese Gitarre der beschriebenen "Kur" zu unterziehen.

Jemand hat für diese Arbeit eine Autopolitur namens "McGuiar's scratch-X" empfohlen. Die soll imstande sein, Kratzer auszupolieren. Das sagt etwas über die abrasive Wirkung der Politur aus. Da ich im Autoladen diese Politur nicht gefunden habe - wiewohl sie auch bei uns zu haben ist - habe ich nach Vergleichbarem gesucht und bin auf "Sonax Schleifpaste" gestoßen. Ich habe sie mit Erfolg bei der Politur von Boden und Zargen der C.F. Martin D-16 GT eingesetzt. Die Martin ist mit Nitrolack versehen. Larrivée hingegen lackiert mit einem UV-härtenden Polymerisationslack, der als wesentlich widerstandsfähiger beschrieben wird. Dies stellt sich bei der Politur als zutreffend heraus, denn sie erforderte etwa den doppelten, wenn nicht dreifachen Arbeitsaufwand an reiner Politur-Artbeit, als die Martin D-16T.

Auch diese sollte nach der Beschriftung der Tube imstande sein, Kratzer auszunivellieren und - das war wichtig - sie enthält kein Wax und keine agressiven Lösungsmittel. Darauf sollte man achten, denn niemand vermag wohl zu sagen, wie der hier zu behandelnde Nitrolack auf solche Ingredienzien reagieren würde.

Anstatt ein altes Unterhemd in Lappen zu zerschneiden, habe ich an der gleichen Stelle eine Packung Poliertücher gekauft, die ich dann noch mit der Schere in Stücke zu 10x10 cm zerschnitt.

 

Zuerst mußte der "Golpeador" entfernt werden. Dafür habe ich ihn vorsichtig mit dem Fön erwärmt. Dabei habe ich darauf geachtet, daß Pickguard, Lack, Leim und Finger nicht heiß, sondern nur warm wurden.

Gleichzeitig habe ich langsam und vorsichtig gezogen.


Anschließend habe ich das Griffbrett auf dem Korpus....


und den Steg abgeklebt. Auf dem Bild unten sieht man den Batteriehalter des B-Band-Vorverstärkers, der in die Gitarre eingebaut ist.


Dann habe ich die schon beschriebene Sonax-Poliercreme auf einen Lappen "appliziert" und in kreisenden Bewegungen einmassiert. Auf dem Bild unten sieht man schon ersten Glanz aufscheinen.


Nach einer Weile sah die Decke folgendermaßen aus:

Es ist nicht ganz einfach, den Glanz mit der Kamera einzufangen.

Bis ein einigermaßen zufriedenstellender Glanz erreicht war, war auf jeden Fall mehr schweißtreibende Arbeit nötig, als bei der D-16. Der von Larrivée verwendete Lack ist modern und wird mit UV-Licht ausgehärtet. Es stellt sich heraus, daß ungefähr doppelt soviel Arbeit aufzuwenden  ist, verglichen mit dem Nitrolack, der bei Martin verwendet wird.

Diesmal sollte auch die Kopfplatte dran glauben müssen. Sie ist mit einem Furnier aus Ebenholz versehen, das eine schöne, leicht angedeutete Maserung hat, die aber kaum zu sehen ist. Für eine Politur müssen erst die Mechaniken abmontiert werden:


So sieht das ganze ohne Mechaniken auf. Der seidenmatte Überzug nimmt der Oberfläche sämtlichen kosmetischen Reize:


Beim Polieren zeigt sich schon eine Veränderung.


Am Schluß, nachdem die Mechaniken wieder montiert sind und sich in der glänzenden Oberfläche der Kopfplatte spiegeln, kommt eine leichte Maserung des Ebenholzfurniers viel schöner zum Vorschein.


Insgesamt wertet die Politur die Gitarre ungemein auf:


Die Decke, die ohnehin gegenüber der Anfangszeit deutlich nachgedunkelt war, was ihr zum optischen Vorteil gereicht, wird jetzt, durch die Politur noch schöner. Sie hat mehr "Tiefe" und Farbe gewonnen. Wahrscheinlich nimmt die Seidenmatte Oberfläche durch die Diffusion des Lichtes ein wenig von den schönen Kontrasten, die das Holz hat.


Aber es hat sich gelohnt. Als ich die Gitarre neu hatte, war die Decke eher blaß mit leichtem rosa-Einschlag, das Palisander hingegen beinahe schwarz. Die Decke ist nachgedunkelt und mehr honigfarben geworden, das Palisander scheint in den hellen Stellen eher heller, die Maserung deutlicher geworden zu sein. All das hat durch die Politur ungemein gewonnen, es ist fast wie ein neues Instrument. Der Glanz ist nicht ganz speckig hochglänzend, ein leichter seidiger Schimmer ist nicht wegzubekommen, dafür müßte ich den Zeitaufwand in intolerable Höhen treiben, aber Zargen und Boden haben dennoch  ungemein  an Schönheit gewonnen:

Hier die Zarge vor der Politur


hier danach:


Oder hier:


Auch der Gewehrtest wird von der Rückseite spielend bestanden: